Microgreens: Kraftquelle von der Fensterbank
Grüne Smoothies mit Microgreens im Winter. Frischer geht's nicht.
In den Wintermonaten ist die Auswahl an Blattgrün reduziert, es gibt nur wenige Wildkräuter und manchmal sehne ich mich nach dem frischen zarten Grün des Frühjahrs im Grünen Smoothie. In diesem Fall sind Microgreens angesagt. Das sind kleine grüne Keimpflanzen, die Du so ziemlich aus allen Samen ziehen kannst, deren Pflanze bzw. Frucht essbar ist - u. a. Brokkoli, Rucola, Radieschen, Rote Beete oder auch Chia- und Amaranth. Das Tolle: Ähnlich wie Wildkräuter sind Microgreens vollgepackt mit Nährstoffen, lassen sich aber relativ unkompliziert zu Hause auf der Fensterbank ziehen. Sie gedeihen innerhalb weniger Tage und verleihen dem Grünen Smoothie eine besondere Nuance. Einfach mit den anderen Zutaten im Hochleistungsmixer mitpürieren. Natürlich kannst Du Microgreens auch zum geschmacklichen und optischen Verfeinern von Salaten, Suppen oder Eintöpfen einsetzen.
Microgreens Anleitung zum Selberziehen: Von der Saat zur grünen Pflanze:
- Ich beginne damit, die Saat für einige Stunden in einem Weckglas mit Wasser einzuweichen. Manche Saaten (etwa Quinoa) vertragen nur ein paar Stunden, da sie sonst platzen. Für die meisten aber ist eine Nacht eine passende Dauer. Das Einweichen ist wie ein Kickstart. Es ist nicht unbedingt nötig, beschleunigt aber den Keimprozess und reduziert das Risiko, dass die Pflanzen im empfindlichen Anfangsstadium vertrocknen.
- In eine Plastikschale (Baumarkt) setze ich kleine Anzuchttöpfe, in die Bio-Anzuchterde gefüllt wird. Da der Wohnraum zwar warm, aber selten luftig ist, besteht immer die Gefahr, dass die kleinen Pflanzen schimmeln. In dieser Plastikschalen-Variante lässt sich Staunässe gut kontrollieren und überschüssiges Wasser abschütten.
- Die eingeweichten Saaten werden auf die Erde gegeben und mit etwas weiterer Erde bestreut. Einmal angießen, eine Klarsichtfolie darüber und schon fängt es an zu sprießen. Es ist hilfreich, ein paar Schilder aufzustellen, damit man am Ende nicht den Rucola für einen Brokkoli hält.
- Mit einer Sprühflasche werden die Pflanzen regelmäßig gewässert, dass sie nicht austrocknen. Am besten stehen sie am Fenster, da sie Licht brauchen. Nun dauert es je nach Saatgut 1-10 Tage, bis sie anfangen zu wachsen. Hanf zum Beispiel keimte erst nach 10 Tagen. Geerntet werden kann, sobald sich mindestens zwei grüne Blättchen herausgebildet haben oder wenn die Neugierde zu groß wird.
Die Kleinen müssen an die frische Luft
Pflanzen gedeihen am besten in ihrem natürlichen Umfeld. Ich versuche daher, die Pflanzen regelmäßig ins direkte Sonnenlicht zu stellen, sofern die Temperaturen über dem Gefrierpunkt liegen. Die Bildung von Chlorophyll wird durch direktes Sonnenlicht verbessert und die Pflanzen werden so schön grün. Außerdem wird durch die frische Luft draußen der Schimmelbildung vorgebeugt. Wer diese Möglichkeit nicht hat, kann den Pflänzchen immer mal einen frischen Luftzug durch das geöffnete Fenster gönnen.
Da mich der Einfluss des Sonnenlichts auf die Bildung des Pflanzenfarbstoffes Chlorophyll interessierte, habe ich eine kleine Testreihe gemacht, in der ich untersucht habe, wie Weizengras unter verschiedenen Bedingungen gedeiht.
Kleiner Exkurs Weizengras:
Weizen ist ein herrliches Microgreen voller Vitalstoffe und dabei eine recht unempfindliche Pflanze, die ich in drei Varianten angepflanzt habe:
- Im Keimautomaten: Der Keimautomat bietet beste Voraussetzungen - regelmäßige Befeuchtung, Luftbewegung und somit keine Schimmelbildung. Im Keimautomaten erhalten die Pflanzen aber nur wenig Licht.
- Auf der Fensterbank: Es gibt eine gewisse Lichtzufuhr und regelmäßig Wasser, allerdings herrscht da Wohnraumklima.
- Im Freien: Der angekeimte Weizen wurde direkt auf den Erdboden geschüttet und nicht weiter versorgt.
Mich überraschten zwei Dinge: Erstens, wie wenig grün die Pflanzen im Keimautomaten wurden. Das Gras blieb bleich und selbst, als ich es nach einer Woche "aussetzte", wurde es nicht mehr so grün, wie in den Versuchen 2 und 3. Zweitens war ich erstaunt über die Kraft des Weizens, den ich im Januar bei Frost aussähte. Zunächst hatte der Freilandweizen über Wochen keine Veränderung gezeigt. Nachdem es ein paar Tage Schnee in Berlin gab, vergaß ich ihn sogar. Als der Schnee jedoch geschmolzen war, kam ein sattes, kraftvolles Grün zum Vorschein. Der Weizen auf Bild 3 ist circa 4 Wochen alt. Die Pflanzen auf Bild 2 lediglich eine Woche. Draussen hat der Wachstum zwar viel später begonnen, dafür sind die Halme deutlich dicker und robuster als die der Pflanzen aus der Innenraumzucht. Die Pflanzen von der Fensterbank gediehen prächtig und während der ersten Woche schimmelfrei. Nach zehn Tagen allerdings war der Wurzelbereich von Schimmel befallen. Dieses Problem ist die größte Herausforderung bei der Anzucht von Weizengras im Innenraum. Das beste Ergebnis gelingt, wenn man Weizengras im Innenraum vorzieht (2-3 Tage) und dann ins Freiland setzt. Damit es zügiger wächst, kann es nachts reingeholt werden.
Einsatzbereiche von Microgreens
Microgreens lassen sich vielseitig verwenden, da sie intensiv schmecken und ein Hingucker sind. Mit den kleinen Keimpflanzen können viele Gerichte geschmacklich und optisch verfeinert werden. Ob auf Salaten, Suppen oder Beilagen - die kleinen Grünpflanzen bereichern jede herzhafte Mahlzeit. Natürlich probiere ich auch, wie sie sich im Grünen Smoothie machen. Ich nehme meist 1-2 Esslöffel Microgreens und gebe sie zum übrigen Grün dazu. Da viele Microgreens etwas schärfer sind, würde ich sie nicht als einzige Grünzutat verwenden. Die Keimpflanzen von Erbsen, Sonnenblumen oder milden Blattsalaten wie Postelein oder Feldsalat hingegen sind sehr mild und können in beliebigen Mengen in den Smoothie gegeben werden. Sie lassen sich auch gute als Topping verwenden und regen damit zum Kauen beim Smoothiegenuss an.
Lasst eurer Fantasie freien Lauf und experimentiert mit allem, was essbare grüne Blätter hervorbringt. Es tut gut, in frisches knackiges Grün zu beißen und sich den Frühling in die Küche zu holen. Viel Freude mit diesen kleinen, nährstoffreichen Geschöpfen.
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21 | Kommentar(e)
Herzliche Grüße,
Silke
vielen Dank für Deine Frage. Mit der Zucht von Wildkräutersprossen habe ich leider keine Erfahrung. Du findest aber bestimmt im Netz an anderer Stelle eine Antwort.
Lieben Gruß,
Carla
Ich bin Neuling im Sprossenbereich und habe folgende Frage:
Kann man bei Microgreens immer auch die Wurzeln mitessen? Oder gibt es Sorten die man abschneiden MUSS?
Ich kannte es bei Kresse zb immer nur so, dass man sie schneidet. Hatte aber mittlerweile auch gelesen dass man die Wurzel essen darf.
Mir ist einfach wichtig, ob es gesundheitlich bedenkenlos ist, die Wurzeln mit zu essen.
Ich kann nirgens eine Antwort finden, hoffe ich habt eine Lösung für mich.
Vielen Dank und liebe Grüße :)
vielen Dank für Deine Frage.
Soweit ich weiß, werden bei Keimpflanzen bzw. Microgreens nur die Blätter und der Stiel, nicht aber die Wurzeln gegessen.
Viele Grüße,
Carla
Liebe Grüße Annett
Lieben Dank schonmal, Tine
Diese Anbauform ist mein nächstes Projekt.
Eine Frage:
Kann man von den Sonnenblumen und Erbsen auch die Stengel essen oder nur die Blätter? Vor ca. 10 Jahren habe ich mal Sprossen und Grün auf der Fensterbank gezogen. Ich erinnere mich, dass ich Sonnenblumengrün ziehen wollte, dann jedoch unsicher wurde wegen des richtigen Erntezeitpunktes, denn meine Sonnenblumen waren nach ca. 14 Tagen bereits sehr weit entwickelt, mit dicken Stengeln und behaart. Mir wurde beim Essen etwas mulmig.
Liebe Grüße, Martha
Und auf jeden Fall das Keimglas zum vorkeimen mitbestellen!! Das ist einfach nur genial.
Gruß Andreas
seit einiger Zeit überlege ich, ob man nicht im Winter auf der Fensterbank Brennnessel-, Spitzwegerich- und Guter Heinrich-Mikrogrün züchten könnte. Die Samen lassen sich ja gut sammeln im Sommer. Da kam mir der Artikel von Dir gerade zur rechten Zeit. Das werde ich probieren. Herzlichen Danke für die Anregung.
Andrea
das ist auch ein super Idee, frische Wildkräuter von der Fensterbank, daran habe ich noch nicht gedacht. Vielen Dank für den Tipp und gutes Gelingen.
Svenja
finde deinen Beitrag echt toll und interessant! Hätte eine Frage dazu! Würde gerne versuchen Weizengras auf der Fensterbank mit gelegentlichem rausstellen zu ziehen! Besser mit oder ohne Erde? Oder spielt das keine Rolle!
Liebe Grüße
ich habe Weizengras immer auf Erde gezogen, weil ich mich da an der Natur orientiert habe. Es gibt allerdings auch sog. Pflanzvlies. Offenbar gibt es da Vorteile bezüglich möglicher Schimmelbildung. Gerade habe ich entdeckt, dass es ein Weizengrass-Sieb gibt, das könnte auch klappen. Guck mal hier: www.eschenfelder.de.
Viel Erfolg beim Ausprobieren und meld Dich gern, wenn Du von Deiner Erfahrung berichten magst.
Liebe Grüße - Svenja
Liebe Grüße
vielen lieben Dank für Deinen guten Tipp.
Herzliche Grüße,
Anne
Zum Anbau in der Eschenfelder Siebschale kann ich nur sagen, dass ich das auch probiert habe aber nur einmal.. Die Wurzeln wachsen so fest da rein - und die Ausbeute ist für den Aufwand und Preis doch eher gering.
LG
danke Dir für Deine Rückmeldung und Deinen hilfreichen Erfahrungsaustausch. Ja, durch die benötigte permanente Feuchtigkeit am Boden ist die Schimmelbildung tatsächlich schwer zu vermeiden...
Weiterhin viel Freude beim Anbauen wünscht Dir
Anne